Japanische Theaterformen
Teil 2
"Kabuki" das poetische wie spektakuläre Musical
"Butoh" das ergreifende, quälende, schauderhafte Gesicht des
Grauens
Kabuki
Wie das Nō-Theater wurde Kabuki in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Das theatralische Kabuki erzählt anschaulich von Liebeskummer ohne Erfüllung, von Dämonen und leichten Mädchen, tiefster Tragik, ausgelassener Fröhlichkeit, Eifersucht und Liebesglück, Prinzessinnen und Dirnen, Samurai und Wasserträgern, Andacht und Frivolität in dramatischster Form aber auch mit Poesie und Witz. Kostüme, Schminke und Bühnenbilder sind von stupender Schönheit.
Gender Transformation
Der Begriff «kabuku» bedeutet „schockierend; sich nach vorne lehnen“. 1603 führten eine Gruppe Frauen beim Kitano-Schrein in Kyōto Tanz und komödiantische Stücke auf, damit begründeten sie "Kabuki" . 1629 wurden Frauen, wohl wegen den frivolen Aufführungen und entsprechendem Lebenswandel, von der Bühne verbannt.
Danach bestanden die Gruppen hauptsächlich aus jungen Männern, wobei bei diesem „Jünglings-Kabuki“ (wakashū kabuki) dasselbe Problem auftrat und 1652 auch dieses verboten wurde. Danach entwickelte sich Kabuki zu einer anspruchsvollen, hochstilisierten Nur-Männer-Form, genannt „Kerl-Kabuki“ (yarō kabuki).
Wie im Nō kommen die meisten Akteure aus alten
Schauspielerfamilien, in denen Rollen, Posen, Bewegungen, Kostüme und
Schminkstil von Kind auf geübt werden.
Video "Kabuki Nachwuchs" 1 Min.
Im Gegensatz zum Nō-Spiel tragen im Kabuki die Hauptdarsteller keine Masken, sondern maskenhafte, dick aufgetragene Schminke. Farbe und Form der Gesichtsbemalung deuten auf den Charakter der Figur hin. Rot bezeichnet den Mut und die Gerechtigkeit des Helden. Blau den dunklen Charakter einer teuflischen Person. Diese schrill bunte Bemalung verstärkt den mimischen Ausdruck und macht ihn weithin sichtbar.
Ein wichtiges Merkmal des Kabuki ist die Mie (見得),
eine charakteristische Pose des Darstellers. Bei diesem «Stehbild» überkreuzt
der Schauspieler die Blickrichtung seiner beiden Augen, was bedeutet, dass er
in diesem Moment alle Zuschauer im Blick hat und dieses statische Verharren in
Pose ist die Aufforderung zum Klatschen.
Spektakuläre Aufführungen
Die Kabuki Bühne ist mit aufwändiger Theatertechnik wie Hub-
und Drehbühnen, Vorrichtungen, die die Schauspieler durch den Raum schweben
lassen und weiterem effektvollem Theaterzauber ausgestattet. Das Bühnenbild ist
nach dem Wabi und Sabi Prinzip klar und originell.
Onnagata – die umgekehrte Hosenrolle
Nach dem Auftrittsverbot für Frauen eroberten Männer die Herzen der Zuschauer. Ihre auf (für Männer) typisch weiblichen Ausdruck reduzierte Spielweise, die Grazie ihrer Bewegungen und ihre lasziven Tänze zeigen verhüllte weibliche Schönheit hinter der ein Kerl steckt.
Ihr stiller Ausdruck des Kummers macht ergriffen, ihre fröhliche Ausgelassenheit ist ansteckend. Das Rollen-Repertoire eines Onnagata umfasst aber auch Eifersucht, forsches Auftreten und er kann sich sogar vom hilflosen Schmetterling zum König der Tiere wandeln.
Die gequetschte Falsettstimme des Onnagata erschwert allerdings manchmal den Zugang zur dargestellten Figur.
Kurumbo, Assistent des Schauspielers
Der Kurumbo taucht in schwarzer, grauer oder weisser Kleidung
auf, je nach Hintergrund. Diese Farben weisen darauf hin, dass der Schauspielerassistent
eigentlich nicht sichtbar ist, obwohl er das Spektakel erst ermöglicht.
Fliegende Kostümwechsel auf der Bühne, zerzauste Frisuren nach dem Headbangen zurecht
machen, benötigte Requisiten reichen, bei langen Stehphasen dem Schauspieler
unauffällig einen Standsitz unter den Kimono schieben, ihn während der
Aufführung, für das Publikum nicht sichtbar, mit Tee und Kleenex zu versorgen und
nötigenfalls dem Darsteller den Text einsoufflieren, das sind die Aufgaben
eines Kurumbo.
Butoh
Entstand aus dem Grauen der Atombomben auf Japan und dem
deutschen Ausdruckstanz der 20er Jahre. Vorbild waren die Tänzerinnen:
Mary Wigman Valeska Gert Harald Kreutzberg
Einerseits entnimmt Butoh aus dem grossen Fundus des klassischen
japanischen Theaters ist aber
Imre Thormann ist Schweizer und einer der weltweit besten zeitgenössischen Butho Tänzer.
Imre Thormann at Hiyoshi Taisha Shrine in Shiga
Konservative japanische Theaterkreise sehen in Butoh eine ketzerische
Verarbeitung japanischer Traditionen.
Nō, das absrakte, rituelle Maskendrama
Kyōgen, das satirische, komödiantische Zwischenspiel
Kontakt alexander@jent.ch