Mein Leben, meine Meinungen und die Spitex Engel   Post 3

 

Emil und die Profis

Die Lehrtochter Flavia, die mich schon beim Waschen meines Intimbereichs genau beobachtet hatte und die ich bei passender Gelegenheit auch mal «das kleine Italienerli» nennen darf», fragte mich während sie meine Zehennägel kürzte:» Ich habe gehört, dass sie beim Film waren. Haben sie auch mal mit bekannten Schauspielern gefilmt?» «Nicht mit internationalen Stars. Aber mit vielen Schweizer Prominenten des letzten Jahrtausends aus Film, Theater, Musik und Sport».

«Mit Emil Steinberger habe ich als Kameramann den unvermeidlichen Nachfolgefilm von «Schweizermacher» gedreht.  «Kassetten Liebe» konnte bei weitem nicht an den Vorläufer anknüpfen, obwohl Rolf Lyssi bei beiden Produktionen Regie geführt hat.»

 


«Mit Emil Steinberger als Regisseur habe ich eine Serie Werbespots für «Bico-Matratzen» gemacht. Die Werbeagentur wollte Emil als Darsteller, was dieser verständlicherweise ablehnte. Die Werber konnten ihn aber als Regisseur gewinnen. Sie meinten ein Bühnenkomiker könne auch beim Film Regie führen.  Die Dreharbeiten verliefen äusserst zäh, da Emil sich gewohnt war über mehrere Tage seine Bühnennummern einzustudieren. Zudem kannte er nur eine Perspektive, die vom Zuschauerraum frontal zur Bühne».

«Filmen ist sehr teuer Studio, Equipment, Filmcrew und all die herumstehenden Werber, Abteilungsleiter und Sekretärinnen kosten viel Geld, zudem habe ich gerne zeitig Feierabend.»



"Der überforderte Regisseur lehnte meine Lösungsvorschläge meist ab. Bald tat sich ein tiefer Spalt zwischen der professionellen Filmcrew und Emil auf. Auch die Werber merkten, dass die Werbespots nicht gut ankamen und somit ihr Ziel verfehlten. Nach nicht einmal einem Jahr wurde die Werbekampagne gestoppt. Kurz vor dem letzten Drehtag bekam ich eine handgeschriebene Karte von Emil, er bedankte sich für meine Mitarbeit, wollte aber mich am letzten Drehtag nicht mehr dabeihaben!»


 Frau Scheuber eine schlechte Mutter?

 In unseren Gesprächen beim Füsse massieren öffnete sich Frau Scheuber immer mehr. Wenn sie ihr einfühlsames Verhalten den Patienten gegenüber schildert, stellte sie es sofort wieder in Frage. Ich konnte ihr jedenfalls bestätigen, dass sie mir gegenüber immer alles gut und richtig macht.

Sie erzählte ein Beispiel, dass zeigen soll, dass sie es niemandem recht machen kann:» Ich half einer alten, dementen Frau den Pullover anzuziehen. Als ich sagte;» So, jetzt noch über den Kopf» schnauzte sie mich an:» Das weiss ich schon!».

 Ich erklärte Frau Scheuble: » Das hat gar nichts mit ihnen zu tun. Menschen, die spüren, dass die Demenz ihr Denken immer mehr überschattet, wollen häufig sich selbst und den anderen beweisen, dass sie noch nicht ganz Pleplem sind».

Danach erklärte ich ihr das 4 Ohren-Modell von Prof. Friedemann Schulz von Thun, das eigentlich 4 Zungen Modell heissen sollte. «Jede Aussage, die wir machen beinhaltet 4 Ebenen: Die Sachebene, die Beziehungsebene, die Selbstoffenbarungsebene und einen Apell. Dieselben Ebenen hat auch der Zuhörende. Er kann aber oft auf einer der 4 Ebenen besonders gut hören. Steht beispielsweise der Apell im Vordergrund, nimmt er vor allem verborgene Aufforderung wahr. . Hört er hauptsächlich  die Sachebene, so nimm er die Gefühle nicht wahr usw.».

«Respekt, was sie alles wissen», meinte Frau Scheuber. Ich entgegnete: «Mein Respekt gehört ihnen, sie haben zwei Kinder ausgetragen, geboren und grossgezogen!» «Ich war eine schlechte Mutter, aber mein Mann war ein guter Vater». Sie tat mir wieder unendlich leid, wer hat ihr dieses Schulgefühl aufgebürdet, wer hat diesen Menschen so gebrochen, die Eltern, die Schule, ihr Mann oder gar eine Freikirche oder alle zusammen?

Zum Glück konnte ich Frau Scheuber mit einem gelungenen Witz über mich, doch noch ein Lächeln abringen.


Olympioniken

«Ich hatte vom Fernsehen einen umfangreichen Auftrag bekommen. Die SRG wollte ein 17-teiliges Olympiaquiz machen, aber ihr Testvideo sah in jeder Hinsicht jämmerlich aus. Die Winter-Olympiade fand in Nagano Japan statt. Ich schrieb ein neues Konzept und 17 Scripts, für jeden Olympiateilnehmer eins. Die Fernsehleute waren begeistert. Das Arbeiten in den Fernsehstrukturen fiel mir als unkonventioneller Macher schwer. Ich weigerte mich im Meteo-Studio, in dem man nicht mal das voreingestellte Licht abändern durfte, zu dem hatten wir nur eine Stunde zu einer vorgegebenen Zeit die Möglichkeit dort zu aufzunehmen.

Ich überzeugte den Produktionsleiter, dass das so nicht geht. Erstens, wenn ein Olympionike zu spät kommt, sind wir am A…, Zweitens, in diesem grauenhafte Studiolicht zu drehen widerspricht einer menschenwürdigen Darstellung. Wir sollten über die ganze Zeit eine grosse Garderobe mieten, dann können die Sportler auch verspätet eintreffen und ich kann ein schönes, weiches Licht einrichten. Zum Glück wurden meine Wünsche erfüllt, denn wir mussten zum Beispiel einen Skifahrer mit dem Helikopter vom Siegespodest aus den Alpen ins Studio einfliegen, wo er gerade noch zweistunden für Schminken, Einkleiden und Aufnahmen Zeit hatte und dann schon auf das Flugzeug nach Japan musste.

Meine Idee war, Kabuki-Theater Aufzeichnungen des japanischen Fernsehens zu nehmen und die Sportler entsprechend den verschiedenen Rollen zu schminken und einzukleiden und die Aufnahmen so in das bestehende Material zu integrieren, dass man meint der Sportler würde mitspielen. Die Quizfrage war nun: Welcher Olympionike spielt da mit? Im Auflösungsvideo macht der getürkte Darsteller immer deutlicher den Bewegungsablauf seiner Sportart, zuletzt sagt er zB.» He, ich bins de Michael von Grüeniege!». 

Kurz vor der ersten Ausstrahlung verlangte ich, dass nach jedem Clip mein Name eingeblendet wird und nicht erst in den Rolltiteln, bei denen alle Mitarbeitenden genannt werden. Das Direktorium lehnte mein Ansinnen kategorisch ab, alle waren aber von meinen Videos so begeistert, dass es mir gelang mein Honorar um das Fünffache zu erhöhen.»  

 



« Das sind interessante Storys aber sie sprechen immer nur von «Sportlern», es waren doch auch Frauen im Olympia-Team, oder!» meinte die Lehrtochter in leicht beleidigtem Ton. «Das Gendern ist eine leide Sache. Es behindert sowohl den Rede- wie auch den Lesefluss. Die weibliche Form wird auch von selbstbewussten Frauen abgelehnt. Letzthin wurde im Fernsehen eine Frau als Agroingenieurin vorgestellt, diese korrigierte den Moderator sofort: »Agraringenieur!». Das Gendern kann auch als Herabsetzung empfunden werden.»

«Ich bin der Meinung, dass genau das Gegenteil richtig wäre. Die etymologische Wurzel von »Mann» ist ursprünglich "aufrecht laufendes Wesen" oder "denkendes Wesen". Nur noch wenige Männer glauben, dass Frauen nicht denken können. Man sollte die weibliche Form nur dann noch gebrauchen, wenn sie explizit zum richtigen Verständnis des Satzes nötig ist. Ein echtes Gendern ist in der deutschen Sprache onehin nicht mehr möglich, dann müsste man (frau) "jefraudem" anstatt jemandem, womöglich auch noch "Frautel" statt Mantel.

«Die Wertschätzung der Frauen könnte einfacher beispielsweise durch Angleichung des Lohnniveaus und der Besserstellung alleinerziehender Mütter besser ausgedrückt werden.»


Girlitz

Frau Scheuber war da und wir sahen aus dem Fenster Störche vorüberziehen. «Haben sie einen Lieblingsvogel?» fragte ich sie.» Nein, eigentlich nicht. Haben sie einen Lieblingsvogel?» «Ja, den Girlitz.» «Habe ich noch nie gehört». » Gehört haben sie den Girlitz sicher schon, aber nicht gesehen. Er ist nämlich das kleinste Vögelchen in Europa, ganze 10 bis 12 Gramm wiegt es, macht aber ein lautes Trillern, sein „tirrilillit“ ist weithin hörbar. Zwitschern können aber nur die Männchen, die Weibchen geben nur beim Paarungsakt Laut. Sein Gesangsrepertoire umfasst über 50 komplexe Silben wie: „prrrp-ziz-zii“„tschizick“, „tschit-tschitt-schit“. Von seinem Gezwitscher kommt auch sein Name «Girlitz», wie auch sein Übername „Hirngrill“.

Der Girlitz führt eine monogame Brutehe. Will das Weibchen einen Girlitz verführen, stösst sie ihren unwiderstehlichen, trillernden Lockruf aus. Kommt er angeflogen, hält sie ihr Köpfchen schief und mustert den Junggesellen. Nun fordert sie einen Liebesbeweis.  Der Girlitz streift dann jedes einzelne Federchen des Weibchens durch seinen Schabel. Danach schnäbeln sie noch ein Bisschen, bis es zur Sache geht».