Halluzinationen

 

Die Psychologie unterscheidet zwischen echten Halluzinationen die als völlig real empfunden werden und sogenannten Pseudohalluzinationen. Bei Letzteren bleibt ein Rest reflektierendes Bewusstsein wach, man weiss also, dass es sich nicht um eine reale Wahrnehmung handelt. Ich habe Erfahrung in beidem. 

Halluzinationen müssen nicht unbedingt Trugbilder sein, auch das Stimmenhören oder olfaktorische (Gas-Geruch) und gustatorische (Gift-Geschmack) Halluzinationen kommen zB. bei Schizophreniepatienten häufig vor.

Körperliche Fehlempfindungen (Zönästhesie) wie Phantomschmerz oder das Gefühl das Arme oder Beine schrumpfen oder sich verlängern sind weitere halluzinatorische Phänomene. 

 

Der Teufel im Krankenwagen

Auch extrem starke Schmerzen können Halluzinationen auslösen. Ich war in Deutschland an einem Zen Seminar als mich in der Nacht völlig überraschend schwere Nierenkoliken aus dem Schlaf rissen. Meine Eingeweide zogen sich krampfartig zusammen, so dass ich mehrmals Erbrechen musste. Meine Körpertemperatur schoss nach oben. Während den wellenförmig auftretenden Kontraktionen hatte ich unermessliche Schmerzen. Die Sanität wurde gerufen und ich wurde mit Blaulicht ins etwas entfernte Spital gefahren.

Im Krankenwagen liegend sah ich plötzlich den Teufel lachend durch das Oberlicht zu mir herunterschauen. Mein Teufel ist natürlich elegant gekleidet, schwarzes Cape mit Stehkragen und rotem Seidenfutter, schimmerndes anthrazitfarbenes Gesicht mit langen, elegant geschwungenen Hörnern.

Plötzlich hielt der Krankenwagen an, es öffnete sich die Wagentür und ein weisser Engel kam auf mich zu und nahm meine Hand. «Du erlebst in diesem Moment viel» sagte er mit weicher Stimme. In diesem Augenblick kam ich wieder in die Realität zurück und neben mir stand ein Koloss von einem Mann und schob mir eine Kanüle in den Handrücken. Wie ich später erfuhr, war der massige Engel der Notarzt, der mich bei einem Zwischenstopp von meinen Schmerzen erlöste. Die Sanitäter hatten ihn unterwegs per Funk aufgeboten.

Dieses Erlebnis würde ich als echte Halluzination klassifizieren, denn ich dachte nie, dass ich durch die Schmerzen einer Trugwahrnehmung unterliegen würde. Ich habe das Erlebnis kurz danach aufgeschrieben, damit sich eine verfälschende Erinnerung nicht zu einem neuen Trugbild wandeln kann.

 

Eleusis „Insel der Glückseligen“.

Die Mysterien von Eleusis waren Initiations- und Weiheriten im alten Griechenland. Die zeremoniellen Feiern zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter und ihrer verlorenen Tochter Persephone (Kore) waren von eigentümlichen Ritualen begleitet. Die Zelebranten der Mysterien mussten die Geschehnisse unter Androhung der Todesstrafe geheim halten und wurden dadurch zu einem exklusiven Zirkel geeint. Obwohl Staatskult der Athener gehörten dem Orden auch Nichtgriechen wie die römischen Kaiser Hadrian und Augustus an.

Die Teilnehmer sammelten sich auf dem Friedhof Kerameikos, danach zog die Prozession durch die heilige Strasse von Athen zum Tempel der Demeter. An einem bestimmten Punkt des Weges gaben die Teilnehmer im Gedenken an Demetres Magd Iambe lauthals Obszönitäten von sich. Grund: Die Magd hatte es geschafft, Demeter mit einem derben Scherz von ihrer Trauer, um den Verlust ihrer Tochter Persephone abzulenken und die Göttin durch die Zote sogar zu einem Lächeln gebracht.

Nachdem die Eingeweihten in Eleusis übernachtet hatten, folgte ein Tag der Reinigung durch stilles Fasten, der mit dem Ausschank eines besonderen Getränks aus Gerste und Frauenminze, dem geheimnisvollen Kykeon, endete.

Archäologische Funde haben an Kykeon-Gefässen Reste von Mutterkorn (Claviceps purpurea) gefunden. Dieser parasitäre Pilz wächst auf Getreide und hat eine vergleichbare Wirkung wie LSD.

Der persönliche Erfahrungsbericht von Kaiser Hadrian deutet klar auf die Einnahme von halluzinogenen Stoffen hin: “Ich ging bis zur Grenzscheide zwischen Leben und Tod. Ich betrat Proserpinas (Königin der Unterwelt) Schwelle, und nachdem ich durch alle Elemente gefahren war, kehrte ich wiederum zurück. Zur Zeit der tiefsten Mitternacht sah ich die Sonne in ihrem hellsten Licht leuchten; ich schaute Unter- und Obergötter von Angesicht zu Angesicht und betete sie in der Nähe an.“ (Apuleius, Der goldene Esel, S. 249.)

Nach diesem Erlebnis liess Imperator Hadrian eine Münze prägen, auf der eine Gerstengarbe (Mutterkorn), und auf der Vorderseite ein Portrait des Kaisers mit der Inschrift „Hadrianus Augustus pater patriae ren.“ Dabei steht ren. für renatus (wiedergeboren), Hadrian firmierte also im Zeichen der eleusinischen Mysterien als Wiedergeborener.

Der Psychiater Carl Gustav Jung entlehnte Begriffe und Interpretationen der eleusinischen Mysterien als Metaphernquelle für seine Umgestaltung der psychoanalytischen Behandlung in ein spiritistisches Ritual der Initiation und Neugeburt.


Psycholyse - Selbstbeobachtung aus höherer Warte

Die Psycholyse ist ein Psychotherapie und -Analyse Verfahren unter psychoaktiven Substanzen. Hauptsächlich werden das empathogene MDMA und das halluzinogene LSD verwendet. Diesen Stoffen wird kein substanzeigenes Abhängigkeitspotenzial zugeschrieben. Sie haben unter geeigneten Bedingungen die Eigenschaft, einen traumartigen Erlebnissfluss bei weitgehend klarem Bewusstsein und gutem Erinnerungsvermögen hervorzurufen. Durch die Lockerung psychischer Abwehrmechanismen können psychotherapeutisch wertvolle Erkenntnisse bildhaft erfahren werden.

Diese Therapieform ist aus guten Gründen nur mit einer der seltenen Ausnahmegenehmigungen des BAK legal.

Die Mitglieder der «Schweizerischen Ärztegesellschaft für psycholytische Therapie» führen nach strengen Regeln mehrjährige Substanz-unterstützte Psychotherapien durch. Eine der begehrten Therapieplätze zu bekommen ist schwierig und an verschiedene Kriterien gebunden, die in einem Eignungsgespräch mit zwei Psychiatern abgeklärt werden. Die meisten Teilnehmer sind Ärzte, Pfarrer oder Psychologen aber auch Geschäftsleute und Psychiatriepatienten, für die eine distanzierte Selbstschau einen Heilungserfolg haben könnte.

Alle drei Monate findet ein Wochenende statt, bei dem psychedelische Substanzen eingesetzt werden. Danach muss ein Erlebensbericht verfasst und ausser an die leitenden Psychiater auch an alle Teilnehmer des Wochenendes versandt werden. Es folgen 2-3 Einzelsitzungen, bei denen das Protokoll besprochen wird und wahlweise wöchentliche Therapiestunden. Einmal in der Woche treffen sich alle Mitglieder zu einem Gruppengespräch.

 

Beispiele von Pseudo-Halluzinationen aus meinen Psycholyse-Protokollen

Reisegefährte Martin

«Ich drehe meinen Kopf zu Martin, entspannt liegt er da wie der monumentale „Liegende Buddha von Mihintale", der sich, der vielen Heilssuchenden müde, von der anstrengenden Seitenlage auf den Rücken gelegt hat und etwas ausruht. Mehrmals während der Reise versuche ich an der Ruhe, die Martin und meine „Buddha-Assoziation“ ausstrahlen, meine anscheinend unvermeidlichen Zuckungen zu beruhigen.»

«Ich befürchte, dass das unangenehme Knistern der ausgetrockneten Seiten meines alten Notizbuches und das Kratzgeräusch des groben Grafits meines Bleistiftes Martin stören.»

«Beim Gruppengespräch am nächsten Morgen erzählt Martin wie er durch den mit bunten Lichterketten geschmückten Taj Mahal geschwebt ist. Danach meinte er: Anscheinend geht es mir gut, aber ich traue dem nicht ganz. Ich denke: Mir geht es schlecht, aber auch ich habe gute Gründe, dem nicht ganz zu trauen.»


Die Eltern-Attrappe

«Ich bin ein kleines Vögelein, mir ist kalt und ich habe Hunger. Ich schmiege mich an meine riesige Vogelmutter, liebkose sie und bettle, dass sie ihre schützenden Flügel ausbreite und mich wärme. Ich versuche ihr zu gefallen, damit sie mich annehme und füttere. Nichts passiert.

Ich pfeife nun gehässig den Rabenvater an und zupfe ihn an seinem Federkleid. Auch er zeigt keine Regung.

Plötzlich werde ich gewahr, dass meine Eltern ausgestopfte Vögel sind, die meine Bedürfnisse gar nicht befriedigen können. Mit dieser Einsicht lösen sich die Eltern-Attrappen auf, und ich hocke allein im Nest. Ich springe auf dem Nestrand bereit mich flugunfähig in die Tiefe zu stürzen.»

 

Kartenhaus

«Ich stehe im ersten Stock einer grosszügigen toskanischen Villa auf der Veranda. Neben mir schiesst in unwirklichem Tempo der Ast einer Blutbuche aus dem Fenster heraus. Auch aus der Verandatür schiessen plötzlich kräftige Äste mit dunkelroten Blättern. Das Haus erzittert. Die ganze Konstruktion droht zusammenzubrechen. In leichter Panik renne ich durchs Haus ins Freie. Kaum bin ich draussen, sehe ich, wie mein schönes Haus, mein eigenes Werk wie ein Kartenhaus zusammenbricht, und ein unheimlich mächtiger Baum, der im Keller des Bauwerks seine Wurzeln schon immer hatte, ragt vor mir in die Höhe. Ehrfurchtvoll stehe ich vor dem kraftvollen Ausdruck der wahren menschlichen Natur.»


Entschuldigt allfällige Orthographie Fehler, ich bin seit Karl dem Grossen der schwerste Legastheniker der Geschichte. Auch die Komasetzung ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln.


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